epochen:mittelalter
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Inhaltsverzeichnis
Mittelalter (500-1420)
Geschichtlicher Überblick
Musikhistorischer Überblick
Frühmittelalter (500 - 1050)
Einstimmigkeit (Gregorianischer Choral)
- lateinische Texte
- von Männern gesungen
- einstimmig
- unbegleitet
- Bestandteil des Gottesdienstes
- benannt nach Papst Gregor I.
- Tonalität: Kirchentonarten (Modi)
- keine besondere rhythmisch-metrische Differenzierung
- ohne dynamische Entwicklung und Gegensätze
- mit formaler Gliederung durch Textphrasierung und Wiederholung von Melodieabschnitten
- Unterscheidung in antiphonal (Wechselgesang zweier gleicher Gruppen) und responsorial (Ruf- und Antwortgesang von Vorsänger und Gruppe)
Wichtige Gesangsformen des Gregorianischen Chorals:
- Syllabischer Gesang (1 Wortsilbe → 1 Ton)
-
- syllabische Textdeklamation
- aus dem Satzbogen der Sprachmelodie entnommen
- über weite Strecken derselbe Ton → Text steht im Mittelpunkt
- Sänger und Zuhörer werden nicht durch schwierige Melodie oder subjektive Gestaltung abgelenkt
-
- überwiegend syllabische Textierung
- ausgreifende Melodieverläufe mit Jubiluscharakter
-
- Melismatischer Gesang (1 Wortsilbe → mehrere Töne)
- Melisma = Verzierungen
- nicht Sprache, sondern Gefühlsausdruck ist Funktion
- reiche Melodik
- Jubilus
- besondere Form des Melismas
- aus der besonderen Ausgestaltung der letzten Silbe („a“) des Halleluja hervorgegangen
Exkurs: Messe
auch: heilige Messe (Gottesdienst der römisch-katholischen Kirche mit Eucharistiefeier)
- durch Ordo missae festgelegter Ablauf
- unterteilt in:
- Proprium (feststehende Teile = jeden Sonntag gleich)
- Ordinarium (nach Anlass und Kirchenjahr wechselnde Liturgie)
Ordinarium | Proprium |
---|---|
1. Introitus (Eingangsvers) | |
2. Kyrie („Herr erbarme dich“) | |
3. Gloria („Ehre sei Gott in der Höhe“) | |
4. Graduale (Antwortpsalm) | |
5. Alleluja (Vers vor dem Evangelium) in der Fastenzeit: Tracuts | |
6. Credo (Glaubensbekenntnis) | |
7. Offertorium (Gesang zur Gabenbereitung) | |
8. Sanctus („Heilig, heilig, heilig“), Benedictus | |
9. Agnus Dei (Begleitgesang zur Brotbrechung) | |
10. Communio (Eucharistie) |
Improvisierte Mehrstimmigkeit
- Improvisiertes, paralleles Singen in Oktaven, Quinten und Quarten
vox principalis (cantus firmus) + vox organalis (Zweitstimme) - später: nicht-paralleles improvisiertes Singen nach bestimmten Regeln
nachzuvollziehen in der Lehrschrift Musica enchiriadis aus dem 9. Jh. (noch keine eindeutige Notenschrift, diatonisches Tonsystem) - auch: Verzierung des einstimmigen Gesangs (z.B. an Feiertagen) durch Tropus und Sequenz möglich
⇒ Guido v. Arezzo: Micrologus (erstes Musiktheoriewerk über gregorianischen Choral und Mehrstimmigkeit)
Hochmittelalter (1050 - 1250)
St. Martial-Epoche (1100 - 1160)
- komponierte Mehrstimmigkeit
- Regelwerk für mehrstimmige Improvisationen zu komplex
→ Aufschreiben der mehrstimmigen Fassungen eines Gesangs im Mailänder Organumtraktat
Klosterfund zeigt Neuerung in der Musikgeschichte - Handschriften der Abtei St. Martial: mehrstimmige Stücke mit diastemischen Neumen
Notre Dame-Epoche (1180 - 1280)
- Zentrum für mehrstimmige Kompositionen: Paris
- Kirchenbau mit abschnittsweiser Benutzung
- Modalrhythmus und -notation (metrisch mit codierten Modi)
- Erste Musikhandschriften mit Rhythmusnotation und Pausenzeichen
- Neue Formen: Haltetonsatz, Klausel, Motette (textierte Klausel), Hoquetus (zwei rhythmisch komplex, teils gegenläufig geführte Stimmen), Conductus (feierliches Lied zu einem prozessartigen Gang)
- Leonin: Magnus liber organi (großes Buch mit mehrstimmigen Werken)
- Perotin: Sederunt principes (vierstimmiges Organum)
Spätmittelalter (1250 – 1500)
Ars antiqua (1250 – 1330)
- Benennung im Nachhinein („alte Kunst“)
- Neue Rhythmusnotation (Mensuralnotation)
Longa, Brevis, … - Jacobus von Lüttich
Trecento (1300 – 1390)
- Eigene Mehrstimmigkeit in Italien (Madrigal, Caccia)
- Franco von Köln: Ars cantus mensurabilis
- Wichtige Station der Rhythmusnotation (schwarze Mensuralnotation)
- „Lehre vom meßbaren Gesang“ → Zeitmaß!
- Einzelne Note-Dauer
- Vierstimmige Werke mit 2 Halteton- und 2 Diskantsätzen
Ars nova (1300 – 1450)
- „neue Kunst“
- Motette (Isoperiodik, Isorhythmik)
- Philippe de Vitry: mehrstimmiges Lied
- Mensuralsystem, -notation
- Ternäre und binäre Teilung
- Inhaltliche Erweiterung des Rhythmussystems
- Fundamentaler Streit über Theologiegehalt der Musik
Ars subtilior (1380 – 1420)
- Benennung im Nachhinein (überlegene Kunst)
- Steigerung und Ausreizung des Rhythmus und der Klänge
- Besonders raffiniert und kunstvoll
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